Schon als Kind wollte ich immer nur spielen. Wie wahrscheinlich jedes Kind. Und dieser Spieltrieb hat mich bis heute nicht verlassen. Ich gehe davon aus, daß es bei mir eine immanente und angeborene Freude am Spiel ist. In der Kindheit und Jugend äußerte sich diese Spiellust, indem ich andere Menschen imitierte. Ich nahm ihre Rethorik, ihre Gesten und Manierismen an. Es war ganz selbstverständlich für mich, eine Art unbewusster Impuls, der mich lenkte. Später ahmte ich dann auch berühmte Schauspieler und Komiker, wie Jerry Lewis, Buster Keaton und Charlie Chaplin nach. Schnell merkte ich, daß ich durch das Spiel der Imitation bei den Menschen eine Reaktion des Staunens und der Freude auslösen konnte. Und die Freude dieser Menschen, insbesondere die meiner Mutter, mich wiederum beseelte und glücklich machte. Es war eine Win-Win-Situation, denn es hatte etwas zutiefst kathartisches. Doch dies sollte mir erst in der Rückschau bewusst werden.
Die andere Spiellust äußerte sich bei mir über den Sport. Ob Fussball, Handball, Basketball, Tennis, Leichtathletik, Skifahren oder Judo. Mein Körper suchte nach einem Kanal sich auszutoben. Aber es war auch gleichzeitig immer wieder das spielerische Element, was mich so fesselte und faszinierte. Irgendwann war mir klar, daß es für mich nur zwei Berufsoptionen gab – Schauspieler oder Sportler. Obwohl mir, nach Beendigung der Schulzeit, bei der Berufsberatung, das Amt des Lehrers nahegelegt wurde. Diesen Gedanken legte ich jedoch beiseite, denn diese Aufgabe sollte erst viele Jahre später in mein Leben treten.
Also gut, dann sollte es Schauspieler oder Sportler sein. Oder gar beides? Hauptsache ich durfte spielen. Es waren die zwei Dinge, die mich am meisten erfüllten und begeisterten. Mit 15 Jahren erlitt ich jedoch eine ernsthafte Verletzung, die meine Ambitionen, professioneller Athlet zu werden, begruben. War es ein Zeichen oder ein Wink des Schicksals?
Gut, es sollte so sein. Höhere Gewalt, Bestimmung, Fügung, wie man es auch nennt. Die Weichen waren gestellt. Ich schaute nicht mehr zurück und fokussierte mich von da an nur noch auf die Schauspielerei. Den Wunsch, meine Berufung in die Tat umzusetzen, sollte aber noch einige Zeit dauern, denn es folgte das Kapitel der adoleszenten Lehrjahre.
In meiner persönlichen Sturm-und Drang-Phase, also die Spanne zwischen meinem 15 bis 25 Lebensjahr, studierte ich dann die grossen Filmklassiker, las zahlreich Dramen und ging regelmässig ins Theater. Ich entdeckte Schauspieler wie Marlon Brando, James Dean, Steve Mc Queen, Paul Newman, Dustin Hoffman, Al Pacino, Robert De Niro, Daniel Day-Lewis und Sean Penn. Sie wurden meine Helden und inspirierten mich nachhaltig, in meinem Vorsatz, Schauspieler zu werden. Ich bewunderte ihre Kraft, ihren Mut, ihre Coolness, ihre Zerbrechlichkeit, ihren Charme, ihr Rebellentum und ihr Charisma. Ich wollte so sein wie sie, damit ich die Menschen berühren, bewegen und begeistern konnte. So wie damals, als kleiner, verspielter, junger Spross.
Nach etlichen Jahren in den verschiedensten Berufsfeldern und nach zwei längeren Auslandsaufenthalten, entschloss ich mich dann, mit Mitte 20, nach New York zu ziehen, um nach den gleichen Techniken und Methoden, wie meine Helden, das Schauspiel zu erlernen. Ein Traum wurde wahr und ich erlebte eine Art Offenbarung, die mich prägen sollte. Ich sog, wie ein Schwamm, alles in mich auf und war unendlich dankbar und erfüllt für jene wertvolle Erfahrung, die mich sowohl auf menschlicher, als auch auf künstlerischer Ebene enorm wachsen ließ.
Als ich nach meinem Schauspielstudium wieder zurück in Europa war, siedelte ich nach Berlin um. Die ersten Jahre spielte ich vorrangig Theater, was meinen Schauspielmuskel immens stärkte und formte. Später machte ich dann den Übergang zu Film/Fernsehen und bekam die Möglichkeit, vor der Kamera, zu spielen und zu agieren. Schon damals, wie ich mich entsinne, habe ich Kolleginnen und Kollegen unterstützt, und, auf eine gewisse Art und Weise, gecoacht. Einfach so, ohne irgendwelche Absichten oder Ambitionen. Und ich merkte, daß die Menschen positiv darauf reagierten und mich immer wieder um Rat fragten. Es fühlte sich ganz natürlich für mich an, Wissen und Einsichten an andere weiterzugeben. Deshalb ist es vielleicht gar nicht so erstaunlich, daß ich 2018, eher unvermittelt, von der künstlerischen Leiterin einer Schauspielschule angesprochen wurde, mit der Frage, ob ich eine Dozentenstelle annehmen würde. Ich habe sofort zugesagt, ohne nachzudenken, da ich instinktiv wusste, dass diese Aufgabe vollends meinem natürlichen Wesen entspricht. Und so schloss sich letztendlich der Kreis. Die Berufsberatung, die mir damals zur pädagogische Laufbahn riet, lag mit ihrer Einschätzung folglich richtig. Alles hat einen Grund, denke ich mir.
Heute, sieben Jahre später, nachdem sich meine Lehr- und Coaching-Tätigkeit fortwährend weiterentwickelt hat und die Inhalte elaborierter und anspruchsvoller geworden sind, freue ich mich mein Wissen und meine Erfahrungen mit anderen zu teilen.